Fahrsicherheitstrainings

Wer kennt sie nicht, die schwarzen Reifenspuren auf der Autobahn, die von der linken Fahrbahn scharf nach rechts in Richtung Böschung ziehen. Die markanten Bremsspuren auf der Landstraße im Wald. Oder die latente Angst, dass in einem Wohngebiet zwischen den geparkten Autos plötzlich ein Kind herausläuft.

Jeden Tag, jede Sekunde am Steuer kann etwas Unvorhergesehenes passieren.

Doch die wenigsten Autofahrer wissen, wie man in Extremsituationen angemessen reagiert. Wie man sich, die anderen Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt sein Fahrzeug möglichst unversehrt außer Gefahr bringt. Das wird einem nicht in der Fahrschule gezeigt – dafür aber in speziellen Sicherheitstrainings.

Solche kompakten Fahrworkshops gibt es mittlerweile für jeden Bedarf. Ob das eintägige Jedermann-Basistraining oder der Wochenend-Lehrgang für Berufsfahrer, der Frauen-Kurs oder das Eco-Training zum Spritsparen – mittlerweile gibt es für jeden Autofahrertyp ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm. Das Angebot ist groß: Viele Autohersteller, der ADAC, die Deutsche Verkehrswacht und diverse private Anbieter bitten zum Crashkurs, der vor allem eins verhindern helfen soll: den Crash.

Allein die Deutsche Verkehrswacht (DVW) bietet jedes Jahr rund 10.000 Fahrtrainings an, an denen etwa 120.000 Autofahrer teilnehmen – mit ganz unterschiedlichen Motivationen. „Zu uns kommen alle möglichen Autofahrer“, sagt DVW-Sprecherin Marion Steinbach. „Zum Beispiel frischgebackene Eltern, die mit dem Baby an Bord ein neues Sicherheitsbedürfnis entwickelt haben. Oder auch Menschen, die bei einem Unfall eine leidvolle Erfahrung gemacht haben und seitdem verunsichert fahren.“

Trainingsbedarf vor allem beim Bremsen

Im ganztägigen Sicherheitstraining (rund 70 Euro, Infos unter www.dvw-ev.de) lernen die Autofahrer, ihr Fahrzeug vor allem auch in Gefahrensituationen zu beherrschen. Deshalb werden die Autos nicht gestellt, sondern jeder fährt die Übungen auf dem Testgelände mit dem eigenen Wagen.

„Was bringt es mir, wenn ich weiß, wie ein fremdes Fahrzeug in einer Notsituation reagiert“, sagt Marion Steinbach.

„Es ist vor allem wichtig, das eigene Auto besser kennen zu lernen.“ Dabei muss so manche Hemmschwelle überwunden werden. Etwa beim so genannten Büffeltritt: Das abrupte Durchtreten des Bremspedals trauen sich die meisten Autofahrer erst nach mehrmaligem Üben.

„Gerade beim Bremsen haben viele Autofahrer Trainingsbedarf“, sagt Fahrexpertin Steinbach.

„Wir sind im Alltagsverkehr einfach nicht daran gewöhnt, voll in die Eisen zu gehen. Dabei sind oft nur so die entscheidenden Meter zu gewinnen, die einem vielleicht das Leben retten.“

Um die perfekte Bremsung oder ein gekonntes Ausweichmanöver hinzulegen, wird bei vielen Fahrtrainings-Anbietern mit allerlei Hightech-Tricks gearbeitet. So sind in die Fahrbahnen des Verkehrssicherheitszentrums Sachsenring computergesteuerte Wasserdüsen eingearbeitet, die unversehens drei Meter hohe Fontänen aus versteckten Gittern im Asphalt schießen lassen.

„Damit simulieren wir plötzliche Hindernisse, die immer auf der Straße auftauchen können. Oft hat man ja nur eine Sekunde, um zu reagieren“, sagt Sachsenring-Sprecherin Petra Zeltner.

Und gerade das Abfangen des ins Schleudern geratenen Wagens gehört zu den Disziplinen, die „man nur durch Üben lernen kann“. Ein eintägiges Intensivtraining auf dem 55 Hektar großen Testgelände zwischen Chemnitz und Zwickau kostet ab 149 Euro.

Ein Auto im Grenzbereich erleben

Nicht nur Alltagsfahrer können in Fahrkursen noch etwas lernen – auch für Berufsfahrer gibt es spezielle Trainingsprogramme. Volkswagen bietet zum Beispiel für Chauffeure ein Profi-Sicherheitstraining an.

„Wer den Vorstand oder einen Politiker fährt, wird mitunter mit ganz anderen Verkehrssituationen konfrontiert als im Alltag“, sagt VW-Sprecher Hartmut Hoffmann.

So könnte hier etwa ein neuer Kanzlerin-Fahrer lernen, wie man auf einer zweispurigen Straße mit Hilfe der Handbremse innerhalb von Sekunden wendet. Weil aber die Chef-Chauffeure oft bereits ziemlich gut ausgebildet ist, ist der Kurs „offen für alle, die ein Auto im Grenzbereich erleben wollen“, so Hoffmann. Damit man beim Schleudern nicht Angst um seinen Wagen haben muss, werden die Fahrzeuge – eine Flotte aus VW Phaeton und Audi A8 – gestellt. Bei Porsche wiederum fahren die Kursteilnehmer des Basis-, Aufbau- oder Intensivtrainings auf der firmeneigenen Sportfahrschule in Leipzig meist in den eigenen Sportwagen vor. Allerdings wird auf Wunsch auch jedes verfügbare Porsche-Modell gestellt:

„Auch Autofahrer, die von Haus aus keinen Porsche besitzen, sind bei uns willkommen“, sagt Porsche-Sprecher Cypselus von Frankenberg.

Doch nicht nur Bremsen und perfektes Beschleunigen stehen auf dem Lehrplan von Sicherheitstrainings. Einige Workshop-Anbieter wie zum Beispiel Ford und Volkswagen bringen ihren Schülern in speziellen Eco-Trainings auch bei, wie man besonders spritsparend fährt.

„Viele Autofahrer schöpfen das Potenzial nicht aus, weil sie ihr Fahrzeug falsch bedienen“, sagt VW-Sprecher Hoffmann.

In der Spritspar-Schulung wird gezeigt, wie man beispielsweise mit frühem Hochschalten, weniger Gas beim Starten und vielen weiteren praktischen Tipps die Haushaltskasse schont. Hoffmann: „Damit lassen sich bis zu 20 Prozent Treibstoff sparen.“ Und auch das ist in Zeiten von explodierenden Benzinpreisen mit Sicherheit eine lohnende Fortbildung.

Sicher unterwegs – Sicher am Lenkrad
Gefahrendemonstration „Toter Winkel“